Privater Kunstsammler oder gewerbsmässiger Kunsthändler?
Die Welt der Kunst ist nicht nur faszinierend und inspirierend, sie birgt auch komplexe steuerrechtliche Herausforderungen. Insbesondere beim Kauf und Verkauf von Kunstgegenständen stellt sich die zentrale Frage: Handelt es sich um gewerbsmässigen Kunsthandel oder lediglich um private Vermögensverwaltung? Wie wird diese Unterscheidung im Rahmen des Schweizer Steuergesetzes getroffen und welche Folgerungen hat dies auf die Besteuerung von Kapitalgewinnen? In diesem Blogpost beleuchten wir die unterschiedlichen Aspekte, die diese Thematik betreffen, und ziehen aktuelle Rechtsprechung zurate, um die Praxis zu veranschaulichen.
Die rechtlichen Grundlagen der Abgrenzung
Nach schweizerischem Recht wird zwischen zwei Arten der Erwerbstätigkeit unterschieden: der selbständigen Erwerbstätigkeit (gewerbsmässig) und der unselbständigen Erwerbstätigkeit (private Vermögensverwaltung). Die Qualifizierung der Tätigkeit hat direkte steuerliche Konsequenzen. Wird die Tätigkeit als gewerbsmässig eingestuft, unterliegt der Kapitalgewinn aus der Veräusserung von Kunstgegenständen der Einkommenssteuer und gegebenenfalls den Sozialversicherungsabgaben. Im Gegensatz dazu bleibt der Gewinn aus privater Vermögensverwaltung steuerfrei.
Der Einfluss des Bundesgerichts
Das Bundesgericht hat in den letzten Jahren eine Reihe von Indizien entwickelt, die bei der Abgrenzung zwischen selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit herangezogen werden können. Diese Indizien bieten einen Rahmen, um zu beurteilen, ob es sich um gewerbsmässigen oder privaten Kunsthandel handelt. Folgende Aspekte spielen eine entscheidende Rolle:
- Enger Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der steuerpflichtigen Person
- Spezielle Fachkenntnisse im Bereich des Kunsthandels
- Häufigkeit der Transaktionen
- Kurze Besitzdauer der Kunstwerke
- Systematik oder Planung der Verkaufsaktivitäten
- Wiedereinsatz der erzielten Gewinne in gleichartige Vermögensgegenstände
- Einsatz von Fremdmitteln zur Finanzierung der Käufe
Fallbeispiel aus der Praxis: Prof. Dr. A.
Um die Indizien zur Abgrenzung konkret zu veranschaulichen, betrachten wir den Bundesgerichtsentscheid 9C_606/2022 vom 6. Juni 2023. In diesem Fall handelt es sich um Prof. Dr. A., einen kunsthistorischen Experten, der zwischen 1982 und 2016 eine umfangreiche Sammlung von ca. 80 Kunstwerken zusammengetragen hat. Im Jahr 2009 hatte er bereits 9 Kunstwerke verkauft, ohne dabei steuerliche Konsequenzen zu haben. Die Wende kam jedoch im Jahr 2014, als er 33 Werke „en bloc“ für 1 Million USD veräußerte. Hierbei stellt sich die Frage, ob diese Transaktion als steuerpflichtiger gewerbsmässiger Handel einzustufen war.
Die Entscheidungsgründe des Bundesgerichts
Das Bundesgericht bejahte in dieser Entscheidung die selbständige Erwerbstätigkeit von Prof. Dr. A. aus mehreren Gründen:
- 1. Die speziellen Fachkenntnisse als Kunsthistoriker bekräftigen die gewerbsmässige Tätigkeit, da seine Expertise auf einen intensiven Markt hinweist.
- 2. Bei der Veräusserung von 33 Kunstwerken wies er sowohl eine hohe Anzahl von Transaktionen in einer kurzen Zeitspanne auf als auch eine kurze Besitzdauer von 14 dieser Werke.
- 3. Nach dem Verkauf reinvestierte Prof. Dr. A. die erzielten Gewinne gezielt in neue Kunstwerke, was die Systematik seines Vorgehens unterstützt.
Diese Punkte führten zu der Entscheidung, dass die Art und Weise, wie Prof. Dr. A. seine Kunst gesammelt und verkauft hat, als gewerbsmässig zu betrachten ist, und somit wurde sein steuerbares Einkommen entsprechend erhöht.
Schlussfolgerung und Empfehlungen
Die Frage, ob jemand als privater Kunstsammler oder gewerbsmässiger Kunsthändler eingestuft wird, ist von entscheidender Bedeutung, da sie erhebliche steuerliche Konsequenzen hat. Das Beispiel von Prof. Dr. A. zeigt, dass die Abgrenzung oft in einer Grauzone stattfindet und zahlreiche Indizien berücksichtigt werden müssen. Je wahrscheinlicher eine gewerbsmässige Tätigkeit ist, desto höher ist das Risiko für die Steuerpflichtigen, dass ihre Kunstverkäufe einkommenssteuerlich relevant sind.
Gerade für Kunstsammler mit erheblichem Transaktionsvolumen bietet es sich an, im Vorfeld ihrer Verkäufe Kontakt zu den Steuerbehörden aufzunehmen. Eine enge Abstimmung kann helfen, böse Überraschungen zu vermeiden und sicherzustellen, dass alles im rechtlichen Rahmen erfolgt. Unerwartete steuerliche Nachforderungen aufgrund der Umqualifikation eines privaten Verkaufs in einen gewerbsmässigen Handel können eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen.
Insgesamt gilt: Künstlerische Leidenschaften und steuerliche Überlegungen stehen nicht zwangsläufig in Konflikt, jedoch ist es ratsam, sich im Vorfeld umfassend zu informieren und zu planen, um eventuelle Konflikte mit den Steuerbehörden zu vermeiden. Lassen Sie sich bei Unsicherheiten von Experten beraten, um Klarheit über Ihre individuellen steuerlichen Verpflichtungen zu erlangen.
Disclaimer: Wir können keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der bereitgestellten Informationen in diesem Blog Eintrag übernehmen. Steuerregeln und Gesetze in der Schweiz können sich ändern. Die Inhalte ersetzen keine professionelle Beratung. Für rechtsverbindliche Unterstützung empfehlen wir, einen Steuer- oder Treuhandexperten über unsere Website hinzuzuziehen: Steuerberatung erhalten
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